Der Name “Explorer” weckt Assoziationen an riesige, amerikanische SUVs, die auf deutschen Straßen eher eine Seltenheit sind. Doch für das elektrische Zeitalter hat Ford den Namen komplett neu interpretiert. Der neue Ford Explorer EV ist kein amerikanischer Riese mehr, sondern ein kompaktes, speziell für den europäischen Markt entwickeltes E-SUV, das im Herzen durch und durch deutsch ist. Denn unter dem Blech mit dem blauen Oval verbirgt sich die bewährte MEB-Plattform des Volkswagen-Konzerns, die auch Modelle wie den VW ID.4 oder den Skoda Enyaq antreibt. Ist dieser “Fordswagen” nur ein weiterer Klon im überfüllten Kompakt-SUV-Segment? Oder konnte Ford der deutschen Technik genug eigenen, amerikanischen Charakter einhauchen, um eine echte Alternative zu sein?
Design und Abmessungen: Kompakter als der Name vermuten lässt
Der erste Eindruck ist: Der neue Explorer ist deutlich kompakter, als sein Name andeutet. Mit einer Länge von nur 4,47 Metern ist er rund 12 Zentimeter kürzer als ein VW ID.4 und spielt größenmäßig eher in der Liga eines VW ID.3, wirkt aber durch sein bulliges, aufrechtes Design deutlich präsenter. Die Frontpartie mit dem geschlossenen “Shield”-Grill und den hochgezogenen Scheinwerfern verleiht ihm ein selbstbewusstes, amerikanisch anmutendes Gesicht. Das steil abfallende Heck mit den markanten Rückleuchten sorgt für einen hohen Wiedererkennungswert.
Im Innenraum setzt sich der pragmatische Ansatz fort. Das Cockpit ist aufgeräumt und funktional. Ein kleines, 5,3 Zoll großes Display hinter dem Lenkrad zeigt die nötigsten Fahrinformationen an. Die Hauptrolle spielt der riesige, hochformatige und verstellbare 14,6-Zoll-Touchscreen in der Mitte, der über das Ford SYNC Move System gesteuert wird.
Der Ingenieur-Kompromiss: Die Nutzung der MEB-Plattform gab Ford zwar einen schnellen Zugang zu einer ausgereiften E-Technologie, schränkte aber auch die gestalterische Freiheit ein. Der Radstand und die grundlegenden Proportionen sind durch die Plattform vorgegeben. Ford hat dies durch ein sehr eigenständiges Karosseriedesign kaschiert, doch im Innenraum spürt man die Verwandtschaft. Man gewinnt eine erprobte technische Basis, opfert aber die Möglichkeit eines komplett eigenständigen Packaging-Konzepts.
Innenraum und Praktikabilität: Cleverer als die Konkurrenz?
Ford hat sich sichtlich bemüht, den Innenraum von seinen VW-Verwandten abzuheben und mit cleveren Details aufzuwerten. Das Highlight ist der verstellbare Touchscreen: Er lässt sich im Winkel neigen, um Reflexionen zu vermeiden. Dahinter verbirgt sich ein abschließbares Fach, das “My Private Locker”, ideal um Wertsachen unsichtbar zu verstauen. Eine weitere pfiffige Lösung ist die “MegaConsole” in der Mittelkonsole – ein riesiges, 17 Liter fassendes Staufach, in dem sogar ein Laptop oder große Wasserflaschen Platz finden.
Das Kofferraumvolumen ist mit 470 Litern klassenüblich, aber kleiner als beim längeren VW ID.4 (543 Liter). Bei umgeklappten Rücksitzen erweitert es sich auf solide 1.422 Liter. Für die meisten Alltagsaufgaben ist das mehr als ausreichend.
| Technische Daten | Explorer (77 kWh) | Explorer AWD (79 kWh) |
| Akkukapazität (netto) | 77 kWh | 79 kWh |
| Max. Ladeleistung (DC) | 135 kW | 185 kW |
| Ladezeit 10-80% (DC) | ca. 28 min | ca. 26 min |
| Reichweite (WLTP) | bis 602 km | bis 566 km |
| Leistung | 210 kW / 286 PS | 250 kW / 340 PS |
| 0-100 km/h | 6,4 s | 5,3 s |
| Preis (ab ca.) | 49.500 € | 53.000 € |
Reichweite und Laden: Volkswagen-Technik, aber wie gut?
Der Explorer startet mit zwei Batterieoptionen mit Heck- oder Allradantrieb. Die reichweitenstärkste Variante ist das Modell mit der 77-kWh-Batterie und Heckantrieb, die eine WLTP-Reichweite von über 600 Kilometern verspricht. Im ADAC Ecotest wurde für diese Version ein realitätsnaher Durchschnittsverbrauch von 19,2 kWh/100 km ermittelt, was einer sehr guten realen Reichweite von rund 520 Kilometern im gemischten Betrieb entspricht. Das ist ein Spitzenwert in dieser Klasse und übertrifft sogar den reichweitenstärksten VW ID.4.
Bei der Ladeleistung gibt es jedoch Unterschiede. Während das Allradmodell mit der größeren 79-kWh-Batterie mit bis zu 185 kW laden kann, ist die reichweitenstarke Heckantriebs-Variante auf 135 kW limitiert. Die Ladezeit von 10 auf 80 Prozent ist mit rund 28 Minuten dennoch absolut konkurrenzfähig. Eine Batterievorkonditionierung ist serienmäßig an Bord und sorgt für verlässliche Ladezeiten.
Tipp von Alex Wind: Der Ford Explorer ist deutlich straffer und sportlicher abgestimmt als seine Plattform-Brüder von VW und Skoda. Das Fahrwerk bietet eine gute Rückmeldung und weniger Wankneigung in Kurven. Wer ein etwas engagierteres Fahrverhalten in dieser Klasse sucht, findet im Ford eine interessante Alternative zum sehr komfortbetonten Charakter der Volkswagen-Modelle.
Fazit: Mehr als nur ein umgelabelter ID.4
Der Ford Explorer EV ist eine positive Überraschung. Er ist der Beweis, dass eine kluge Nutzung einer Plattform-Kooperation zu einem eigenständigen und überzeugenden Produkt führen kann. Ford hat es geschafft, der soliden, aber etwas biederen VW-Technik einen eigenen, charakterstarken Stempel aufzudrücken.
Er überzeugt mit einem markanten Design, cleveren Detaillösungen im Innenraum, einer herausragenden realen Reichweite in der Heckantriebs-Variante und einem agileren Fahrverhalten. Er ist kompakter als seine direkten Konkurrenten, was ihn in der Stadt handlicher macht, kostet aber etwas Kofferraumvolumen.
Für Käufer, die im MEB-Universum eine Alternative zum Mainstream suchen und Wert auf ein eigenständiges Design und pfiffige Details legen, ist der in Köln gebaute Explorer eine absolut gelungene und empfehlenswerte Option. Er ist kein Klon, sondern ein echter Ford mit deutschem Herzen.




















