Cupra Tavascan – Emotion pur auf solider MEB-Basis

Innerhalb des Volkswagen-Konzerns hat sich Cupra erfolgreich als die Marke für Emotionen, Design und sportlichen Anspruch positioniert. Nach dem kompakten Born ist der Tavascan nun das erste eigenständige Elektro-SUV-Coupé der Spanier – und was für eines. Während seine technischen Brüder VW ID.5 und Skoda Enyaq Coupé eher auf Vernunft und Nutzwert setzen, schreit der Tavascan förmlich nach Aufmerksamkeit. Mit seinem aggressiven, fast schon provokanten Design und einem auf Sportlichkeit getrimmten Fahrwerk soll er beweisen, dass die rationale MEB-Plattform des Konzerns auch eine leidenschaftliche Seele haben kann. Kann dieses Versprechen in der Praxis eingelöst werden? Wir haben den Tavascan in seiner Top-Version VZ im Härtetest.

Ein Design, das polarisiert: Skulptur statt Einheitsbrei

Man muss dem Designteam in Barcelona gratulieren: Der Tavascan sieht fast genauso dramatisch aus wie die ursprüngliche Konzeptstudie von 2019. Die Frontpartie mit dem tief sitzenden, invertierten Grill und den dreieckigen LED-Signaturen wirkt angriffslustig. Die fließende Coupé-Linie mündet in einem Heck mit einem durchgehenden Leuchtenband und einem markant beleuchteten Cupra-Logo. Jede Linie, jede Kante strahlt Dynamik aus. Dies ist kein Auto, das in der Masse untergehen will.

Im Innenraum setzt sich dieser extravagante Stil fort. Das prägende Element ist die “Central Spine” – eine Y-förmige Mittelkonsole, die das Cockpit umschließt und eine klare Trennung zwischen Fahrer und Beifahrer schafft. Details wie die kupferfarbenen Akzente und die serienmäßigen Sportschalensitze unterstreichen den sportlichen Anspruch. Die Materialqualität ist gut, auch wenn im Detail einige Hartplastikflächen an die gemeinsame Konzernbasis erinnern.

Die entscheidende Frage: Wie sportlich fährt er wirklich?

Ein sportliches Design weckt Erwartungen an das Fahrverhalten. Der Tavascan basiert auf der bekannten MEB-Architektur, genau wie seine VW- und Skoda-Pendants. Er nutzt den bekannten 77-kWh-Akku (netto) im Fahrzeugboden und im Falle des VZ-Modells den Allradantrieb mit zwei Motoren und einer Systemleistung von 250 kW (340 PS).

Der entscheidende Unterschied liegt in der Abstimmung. Der Tavascan VZ ist serienmäßig mit dem adaptiven DCC-Sportfahrwerk ausgestattet, das eine deutlich straffere Kennlinie aufweist als bei seinen Brüdern. Das Ergebnis ist ein spürbar agileres und direkteres Fahrgefühl. Die Wankneigung in Kurven ist minimal, die Lenkung präzise, und das Auto vermittelt insgesamt einen engagierteren, “spitzeren” Charakter. Er fühlt sich mehr wie ein hochgelegtes Hot Hatch an als ein komfortables SUV.

Der Ingenieur-Kompromiss: Diese Sportlichkeit geht zu Lasten des Abrollkomforts. Zwar ist der Tavascan dank der exzellenten Geräuschdämmung ein leiser Reisewagen, doch kurze Stöße und Querfugen werden im Vergleich zu einem VW ID.5 oder Skoda Enyaq merklich trockener an die Insassen weitergegeben. Man gewinnt an Agilität, opfert aber einen Teil der sanften Souveränität.

Reichweite und Laden: Solider Standard ohne Überraschungen

Die Effizienz und die Ladeleistung sind durch die MEB-Plattform weitgehend vorgegeben und bieten keine großen Überraschungen. Mit dem 77-kWh-Akku erzielt der Tavascan VZ eine WLTP-Reichweite von bis zu 521 km.

Technische DatenTavascan EnduranceTavascan VZ (AWD)
Akkukapazität (netto)77 kWh77 kWh
Max. Ladeleistung (DC)ca. 175 kW (?)ca. 135 kW
Ladezeit 10-80% (DC)ca. 28 minca. 28 min
Reichweite (WLTP)bis 553 kmbis 521 km
Leistung210 kW / 286 PS250 kW / 340 PS
0-100 km/h6,8 s5,5 s
Preis (ab ca.)53.200 €60.780 €

In der Praxis muss man mit realistischeren Werten rechnen. Im gemischten Sommerbetrieb sind rund 400 bis 425 Kilometer eine realistische Größe. Auf der Autobahn bei konstant 130 km/h sinkt die Reichweite auf etwa 300 bis 330 Kilometer.

Die maximale DC-Ladeleistung ist mit 135 kW für das VZ-Modell angegeben, was im heutigen Wettbewerbsumfeld eher unterdurchschnittlich ist. Ein Ladevorgang von 10 auf 80 Prozent dauert unter optimalen Bedingungen rund 28 Minuten. Das ist praxisgerecht, setzt aber keine neuen Maßstäbe. Die Ladekurve hält die Leistung relativ lange auf einem Plateau, bricht aber nicht so spät ein wie bei 800-Volt-Systemen.

Tipp von Alex Wind: Der Tavascan verfügt über die neueste Software-Generation des VW-Konzerns mit einem großen, serienmäßigen 15-Zoll-Touchscreen. Das System reagiert deutlich schneller als in früheren ID.-Modellen und hat eine verbesserte Menüstruktur. Die Assistenzsysteme, insbesondere der “Travel Assist”, funktionieren exzellent und machen lange Fahrten sehr entspannt.

Fazit: Das emotionale Herz im rationalen MEB-Konzern

Der Cupra Tavascan ist eine gelungene und willkommene Ergänzung der elektrischen VW-Familie. Er ist der Beweis, dass eine Gleichteile-Strategie nicht zu uniformen Autos führen muss. Für Käufer, denen der VW ID.5 zu bieder und der Skoda Enyaq zu pragmatisch ist, bietet der Tavascan eine aufregende, designorientierte und fahraktive Alternative.

Er erfindet die Elektromobilität nicht neu und hat bei der Ladeleistung Schwächen im Detail. Seine Stärken liegen in seinem extrovertierten Auftreten und seinem spürbar sportlicheren Fahrcharakter. Er ist das emotionale Herz im rationalen MEB-Konzern und damit eine perfekte Wahl für alle, die ein E-SUV-Coupé suchen, das nicht nur fährt, sondern auch verführt.

Cupra Tavascan

Author: Alex Wind
Alex Wind ist Gründer von Voltfokus.de und Chefredakteur des Mediennetzwerks, zu dem auch HH-AUTO gehört. Als studierter Fahrzeugtechniker (FH Esslingen) mit Spezialisierung auf alternative Antriebe und Batterietechnologie bringt er über 10 Jahre Branchenerfahrung in seine Analysen ein. Bei Voltfokus.de teilt er seine Expertise in fundierten Tests, Ratgebern und technischen Berichten rund um die Elektromobilität.