Versicherung für E-Autos: Ist die Kasko teurer und warum?

Elektroautos punkten mit niedrigen Betriebskosten: Günstiger Strom statt teurem Benzin, kaum Wartung und eine jahrelange Befreiung von der Kfz-Steuer. Doch viele E-Auto-Fahrer erleben beim ersten Blick auf die Versicherungspolice eine böse Überraschung. Insbesondere die Vollkaskoversicherung ist für viele Stromer spürbar teurer als für einen vergleichbaren Verbrenner. Dieser scheinbare Widerspruch sorgt für Verunsicherung. Wir analysieren die knallharten Gründe hinter den höheren Prämien, erklären, warum die Versicherer so kalkulieren und zeigen Ihnen, wie Sie mit dem richtigen Wissen dennoch einen günstigen und leistungsstarken Tarif finden.

Die Faktenlage: Ja, die Vollkasko ist oft teurer

Analysen von Vergleichsportalen wie Verivox zeigen für die Jahre 2024 und 2025 einen klaren Trend: Während die Versicherung für E-Autos in der Vergangenheit teilweise sogar günstiger war, haben sich die Prämien überproportional erhöht. Im Schnitt stiegen die Vollkasko-Tarife für E-Autos zuletzt um rund 30 Prozent, während sie bei Benzinern und Dieseln “nur” um 25 Prozent zulegten. Ein Tesla Model 3 ist mittlerweile beispielsweise deutlich teurer in der Versicherung als ein vergleichbarer VW Golf. Doch woran liegt das?

Die Hauptgründe für die höheren Prämien

Die Versicherungsprämie ist ein Produkt aus statistischer Schadenshäufigkeit und der durchschnittlichen Kosten pro Schaden. Paradoxerweise verursachen E-Auto-Fahrer tendenziell weniger Unfälle. Wenn es aber zu einem Schaden kommt, wird es für die Versicherung oft extrem teuer.

Kostenfaktor 1: Die Batterie als “wirtschaftlicher Totalschaden”

Der Akku ist das mit Abstand teuerste Bauteil eines E-Autos. Schon bei einem leichten Unfall, bei dem der Akkukasten beschädigt wird, schreiben die Herstellervorgaben oft einen kompletten Austausch vor – eine Reparatur ist aus Sicherheitsgründen häufig nicht vorgesehen. Die Kosten für einen neuen Akku können leicht 15.000 bis 25.000 Euro betragen. Liegt dieser Betrag nahe am Restwert des Fahrzeugs, deklariert die Versicherung den Fall als wirtschaftlichen Totalschaden. Dieses hohe Einzelrisiko preisen die Versicherer in die Kasko-Tarife ein.

Kostenfaktor 2: Teure Reparaturen und spezialisierte Werkstätten

Auch abseits des Akkus sind Reparaturen an E-Autos oft kostspieliger. Die komplexe Elektronik, die Vielzahl an Sensoren für Assistenzsysteme und die Notwendigkeit, in speziell geschulten Hochvolt-Fachwerkstätten zu arbeiten, treiben die Kosten in die Höhe. Selbst scheinbar einfache Karosseriearbeiten können aufwendig werden, wenn sie in der Nähe von Hochvolt-Komponenten stattfinden.

Kostenfaktor 3: Das Risiko von Kurzschluss- und Überspannungsschäden

Ein E-Auto hat spezifische Risiken, die ein Verbrenner nicht kennt. Ein Marderbiss in das falsche Kabel kann nicht nur das Auto lahmlegen, sondern teure Folgeschäden an der Leistungselektronik verursachen. Ein Blitzeinschlag in das Hausnetz während des Ladevorgangs kann zu Überspannungsschäden am Akku und am On-Board-Ladegerät führen. Gute E-Auto-Policen decken diese Risiken explizit ab, was sich aber auch in der Prämie niederschlägt.

Der Lichtblick: Spezielle E-Auto-Tarife und der “Akku-Schutz”

Die Versicherer haben auf die neuen Risiken reagiert und bieten zunehmend spezialisierte Tarife für Elektrofahrzeuge an. Der entscheidende Baustein ist hier oft eine erweiterte Akku-Versicherung, oft “Allgefahrendeckung” oder “All-Risk-Deckung” genannt.

Eine gute Akku-Versicherung sollte folgende Punkte umfassen:

  • Schutz bei Bedienfehlern: Der Akku wird beschädigt, weil Sie das falsche Ladekabel verwendet haben.
  • Schutz bei Kurzschluss & Überspannung: Ein Blitzeinschlag oder ein Defekt in der Wallbox beschädigt den Akku.
  • Folgeschäden: Ein Kurzschluss (z.B. durch Tierbiss) führt zu einem Defekt an einem anderen Bauteil.
  • Diagnosekosten: Übernahme der Kosten für die aufwendige Prüfung des Akkus nach einem Unfall.
  • Neupreisentschädigung: Bei Zerstörung des Akkus in den ersten 24-36 Monaten wird der volle Neupreis erstattet, ohne Abzug “neu für alt”.

Der Ingenieur-Kompromiss: Man zahlt eine höhere Grundprämie für einen E-Auto-Tarif, erkauft sich damit aber die Absicherung gegen existenzbedrohende Einzelrisiken, die bei einem Verbrenner nicht existieren. Eine Vollkaskoversicherung ohne umfassenden Akku-Schutz ist beim E-Auto quasi wertlos.

Tipp von Alex Wind: Achten Sie darauf, dass auch das Ladezubehör explizit mitversichert ist. Ein hochwertiges Typ-2-Ladekabel oder ein mobiler Ladeadapter (“Notladeziegel”) können mehrere hundert Euro kosten. Eine gute Police deckt den Diebstahl dieses Zubehörs auch während des Ladevorgangs an einer öffentlichen Säule ab.

Fazit: Teurer, aber mit dem richtigen Tarif beherrschbar

Ja, die Vollkaskoversicherung für ein Elektroauto ist aus handfesten, risikobasierten Gründen oft teurer als für einen vergleichbaren Verbrenner. Die Versicherer haben gelernt, die hohen potenziellen Kosten bei Schäden an Akku und Elektronik realistisch einzupreisen.

Das bedeutet jedoch nicht, dass man diese Kosten einfach hinnehmen muss. Der Markt für E-Auto-Versicherungen ist hart umkämpft und die Unterschiede zwischen den Anbietern sind enorm. Ein intensiver Vergleich über Portale wie Check24 oder Verivox ist unerlässlich. Achten Sie dabei nicht nur auf den Endpreis, sondern vergleichen Sie gezielt die Leistungen des Akku-Schutzes. Ein Tarif, der auf den ersten Blick 50 Euro teurer ist, aber eine umfassende Allgefahrendeckung für den Akku bietet, ist am Ende die weitaus klügere und sicherere Wahl.

Author: Alex Wind
Alex Wind ist Gründer von Voltfokus.de und Chefredakteur des Mediennetzwerks, zu dem auch HH-AUTO gehört. Als studierter Fahrzeugtechniker (FH Esslingen) mit Spezialisierung auf alternative Antriebe und Batterietechnologie bringt er über 10 Jahre Branchenerfahrung in seine Analysen ein. Bei Voltfokus.de teilt er seine Expertise in fundierten Tests, Ratgebern und technischen Berichten rund um die Elektromobilität.