Routenplanung mit Ladestopps: Die besten Apps für die Langstrecke

Die größte Sorge vieler Umsteiger auf die Elektromobilität ist nicht die Reichweite im Alltag, sondern die eine lange Fahrt in den Urlaub. Kann ich die 800 Kilometer nach Italien entspannt zurücklegen? Wo finde ich die richtigen Ladesäulen? Und wie lange dauert das alles wirklich? Die gute Nachricht ist: Reichweitenangst auf der Langstrecke ist heute primär “Planungsangst”. Mit den richtigen digitalen Werkzeugen und einer cleveren Strategie wird die elektrische Urlaubsfahrt zu einer berechenbaren und oft erstaunlich entspannten Angelegenheit. Wir vergleichen die zwei grundlegenden Methoden und stellen die besten Apps vor.

Methode 1: Der integrierte Routenplaner des Autos (Der Bequeme)

Jedes moderne Elektroauto verfügt über ein Navigationssystem, das eine Ladeplanung automatisch integriert. Man gibt das Ziel ein, und das System plant die notwendigen Ladestopps entlang der Route.

  • Die Vorteile:
    • Perfekte Integration: Dies ist der größte Vorteil. Das System kennt den exakten Batteriestand (SoC), den aktuellen Verbrauch und kann die Batterie vor einem Ladestopp automatisch vorkonditionieren. Nur so wird die maximale Ladegeschwindigkeit zuverlässig erreicht.
    • Einfachheit: Man muss sich um nichts kümmern. Ziel eingeben, losfahren. Ideal für Einsteiger.
  • Die Nachteile:
    • Mangelnde Flexibilität: Die meisten Bordsysteme sind eine “Black Box”. Sie können oft nicht gezielt nach bestimmten Anbietern filtern (z.B. “nur Ionity”) oder die Route nach den günstigsten Ladekosten optimieren.
    • Unterschiedliche Qualität: Während das System von Tesla als Goldstandard gilt, sind die Routenplaner anderer Hersteller manchmal weniger zuverlässig bei der Vorhersage der Ankunfts-Ladestände oder der Auswahl der besten Ladestationen.

Methode 2: Spezialisierte Smartphone-Apps (Der Alleskönner)

Externe Apps sind wahre Schweizer Taschenmesser für die E-Auto-Langstrecke. Sie bieten eine Detailtiefe und Anpassbarkeit, die Bord-Navis oft vermissen lassen.

  • Die Vorteile:
    • Maximale Anpassbarkeit: Sie können unzählige Parameter selbst einstellen: Abfahrts-SoC, gewünschter Ankunfts-SoC, Mindest-SoC bei Ladestopps, bevorzugte Ladenetzwerke, Ihre eigenen Ladekarten-Tarife und vieles mehr.
    • Umfassende Datenbank: Die Apps greifen oft auf eine größere und aktuellere Datenbank an Ladesäulen zurück, inklusive Community-Feedback zur Zuverlässigkeit.
    • Kostenoptimierung: Einige Apps können die Route mit den geringsten Ladekosten basierend auf Ihren Tarifen planen.
  • Die Nachteile:
    • Keine Fahrzeug-Integration: Die App kennt Ihren realen Verbrauch und SoC nicht live (außer bei Anbindung über einen Dongle) und kann die Batterie nicht vorkonditionieren. Die Planung basiert auf Referenzwerten.

Die besten Apps im Überblick

Zwei Apps haben sich in Europa als Marktführer etabliert:

  1. A Better Routeplanner (ABRP): Der unangefochtene Platzhirsch und das mächtigste Werkzeug. ABRP ist bekannt für seinen extrem detaillierten Planungsalgorithmus, der unzählige Fahrzeugmodelle und Parameter berücksichtigt. Die Benutzeroberfläche kann für Einsteiger etwas überladen wirken, aber für Profis, die jedes Detail kontrollieren wollen, ist die App alternativlos.
  2. PUMP (ehemals Moovility): Ein starker Konkurrent mit einem Fokus auf Benutzerfreundlichkeit und Kostenoptimierung. PUMP hat eine sehr klare, moderne Oberfläche und ermöglicht die einfache Integration der eigenen Ladekarten zur Planung der günstigsten Route.

Die Hybrid-Strategie: Das Beste aus beiden Welten (Profi-Tipp)

Der Ingenieur-Kompromiss ist klar: Das Auto-Navi hat die perfekte Fahrzeug-Integration, die externe App die bessere Planungsmacht. Die cleverste Strategie ist daher, beide Systeme zu kombinieren.

  1. Die Grobplanung (zu Hause): Planen Sie Ihre gesamte Reise am Abend vor der Abfahrt in einer App wie ABRP oder PUMP. Passen Sie die Stopps nach Ihren Vorlieben an (z.B. ein längerer Stopp an einer Raststätte mit gutem Restaurant, ein kurzer an einer reinen Ladesäule).
  2. Die Ausführung (im Auto): Geben Sie im Bord-Navi immer nur die nächste Ladesäule aus Ihrem App-Plan als einzelnes Ziel ein. Fahren Sie nicht die komplette, vom Auto geplante Route. So stellen Sie sicher, dass das Fahrzeug die Batterie optimal für genau diesen einen, von Ihnen gewählten Ladestopp vorkonditioniert. Nach dem Laden geben Sie den nächsten Stopp aus Ihrem Plan ein.

Mit dieser Methode kombinieren Sie die intelligente, anpassbare Planung der App mit der unverzichtbaren Vorkonditionierungs-Funktion Ihres Fahrzeugs.

Tipp von Alex Wind: Fahren Sie auf Langstrecken defensiver, als Sie es von einem Verbrenner gewohnt sind. Die einfache Regel lautet: Langsamer fahren spart überproportional viel Reichweite. Eine Reduzierung der Geschwindigkeit von 140 km/h auf 120 km/h kann die Reichweite um bis zu 20% erhöhen und die Gesamtreisezeit durch einen eingesparten Ladestopp oft sogar verkürzen.

Fazit: Gute Planung ist der Schlüssel zur entspannten Reise

Die elektrische Langstrecke hat ihren Schrecken verloren. Die Zeiten, in denen man manuell nach Ladesäulen suchen und hoffen musste, dass sie funktionieren, sind vorbei. Moderne Bord-Navis und hochentwickelte Spezial-Apps machen die Reiseplanung zu einer einfachen und verlässlichen Übung.

Die Hybrid-Strategie – grobe Planung mit einer App, Ausführung etappenweise mit dem Bord-Navi – ist der Königsweg für eine maximal effiziente und stressfreie Reise. Wer sich einmal die Zeit nimmt, die Werkzeuge zu verstehen und seine Route vorzubereiten, wird feststellen, dass das Reisen im E-Auto oft sogar entspannter ist als im Verbrenner: Die regelmäßigen, kurzen Pausen zum Laden entschleunigen, und man kommt erholter am Ziel an.

Author: Alex Wind
Alex Wind ist Gründer von Voltfokus.de und Chefredakteur des Mediennetzwerks, zu dem auch HH-AUTO gehört. Als studierter Fahrzeugtechniker (FH Esslingen) mit Spezialisierung auf alternative Antriebe und Batterietechnologie bringt er über 10 Jahre Branchenerfahrung in seine Analysen ein. Bei Voltfokus.de teilt er seine Expertise in fundierten Tests, Ratgebern und technischen Berichten rund um die Elektromobilität.