Es ist das letzte Sicherheitsnetz für jeden E-Auto-Fahrer: das Notladekabel für die normale Haushaltssteckdose, auch “Schuko”-Steckdose genannt. Fast jedes Elektroauto wird mit einem solchen Kabel, oft als “Ladeziegel” bezeichnet, ausgeliefert. Es verspricht die ultimative Flexibilität – Strom gibt es schließlich fast überall. Doch der Name “Notladekabel” ist wörtlich zu nehmen. Das dauerhafte Laden an einer normalen Steckdose ist nicht nur extrem langsam, sondern birgt auch erhebliche Sicherheitsrisiken, wenn man die technischen Hintergründe nicht kennt. Wir erklären, warum die Schuko-Steckdose nur eine Notlösung sein sollte und was Sie unbedingt beachten müssen, um eine Brandgefahr zu vermeiden.
Warum ist das Laden an der normalen Steckdose gefährlich?
Das grundlegende Problem ist, dass eine normale Haushaltssteckdose und die dazugehörige Verkabelung in der Wand nicht für eine hohe Dauerlast ausgelegt sind.
Eine Steckdose ist dafür konzipiert, kurzzeitig hohe Leistungen für Geräte wie einen Staubsauger (ca. 2.000 Watt) oder einen Wasserkocher zu liefern. Ein Elektroauto hingegen zieht über viele Stunden hinweg konstant eine hohe Leistung. Das Notladekabel lädt in der Regel mit etwa 2,3 kW (Kilowatt) – das entspricht einer Dauerlast, die 10 Ampere Stromstärke erfordert.
Ist die Elektroinstallation im Haus alt, sind die Kabelquerschnitte zu dünn oder die Kontakte in der Steckdose korrodiert, kann diese stundenlange, hohe Belastung zu einer gefährlichen Überhitzung führen. Im schlimmsten Fall kann dies einen Kabelbrand in der Wand auslösen – eine Gefahr, die man von außen nicht sieht, bis es zu spät ist. Aus diesem Grund raten Elektriker und Sicherheitsexperten wie der ADAC dringend vom regelmäßigen Laden an einer Schuko-Steckdose ab.
Die Praxis: Wie langsam ist das “Notladen” wirklich?
Neben dem Sicherheitsrisiko ist der zweite große Nachteil die extrem langsame Ladegeschwindigkeit. Mit nur 2,3 kW Ladeleistung dauert es eine gefühlte Ewigkeit, einen modernen E-Auto-Akku zu füllen.
Ein Rechenbeispiel:
- Fahrzeug: Ein Kompakt-E-Auto mit einem 60-kWh-Akku.
- Ladezeit von 10% auf 80% (also 42 kWh): 42 kWh / 2,3 kW ≈ über 18 Stunden.
Über Nacht (8 Stunden) lassen sich so nur etwa 18,4 kWh nachladen, was je nach Verbrauch für eine Reichweite von ca. 100 Kilometern reicht. Für den täglichen Pendelverkehr kann das ausreichen, aber ein “Volltanken” ist in einer Nacht unmöglich.
Die 5 Sicherheitsregeln für das Laden im Notfall
Wenn Sie doch einmal auf das Notladekabel angewiesen sind, sollten Sie unbedingt die folgenden Sicherheitsregeln beachten, um das Risiko zu minimieren:
- Keine Verlängerungskabel oder Mehrfachsteckdosen verwenden! Dies ist die wichtigste Regel. Jede zusätzliche Steckverbindung ist eine potenzielle Schwachstelle und erhöht die Brandgefahr massiv. Das Notladekabel muss immer direkt in die Wandsteckdose.
- Ladeleistung reduzieren (wenn möglich): Viele Notladekabel ermöglichen es, die Stromstärke manuell zu reduzieren (z.B. von 10A auf 8A oder 6A). Wenn Sie Zeit haben, wählen Sie immer die niedrigste Stufe. Das Laden dauert dann zwar noch länger, aber die Belastung für die Steckdose und die Leitung sinkt erheblich.
- Steckdose prüfen: Nutzen Sie, wenn möglich, eine separate Steckdose, die an einem eigenen Stromkreis hängt (z.B. in der Garage für ein Starkstromgerät). Prüfen Sie die Steckdose regelmäßig auf Schmorspuren oder Überhitzung. Fühlt sich der Stecker nach einer Stunde Laden sehr heiß an, brechen Sie den Ladevorgang sofort ab.
- Installation vom Elektriker prüfen lassen: Wenn Sie planen, öfter an einer bestimmten Steckdose zu laden, lassen Sie diese unbedingt von einem Elektriker überprüfen. Er kann beurteilen, ob die Verkabelung für die Dauerlast geeignet ist.
Der Ingenieur-Kompromiss: Sie gewinnen die Flexibilität, fast überall laden zu können. Sie erkaufen sich dies aber mit einer extrem langen Ladezeit und einem signifikanten Sicherheitsrisiko, das nur durch verantwortungsbewusstes Handeln minimiert werden kann.
Fazit: Eine Versicherung für den Notfall, kein Ersatz für die Wallbox
Das Notladekabel an der Schuko-Steckdose hat absolut seine Daseinsberechtigung. Es ist die perfekte Versicherung, um im Urlaub bei Freunden oder in einer Ferienwohnung über das Wochenende genug Strom für die Heimfahrt zu “tröpfeln”.
Es ist jedoch ausdrücklich kein dauerhafter Ersatz für eine fachmännisch installierte Wallbox. Eine Wallbox ist nicht nur um ein Vielfaches schneller, sondern kommuniziert auch mit dem Auto und verfügt über eigene Sicherheitsmechanismen. Sie ist die einzig sichere, effiziente und für den Dauerbetrieb ausgelegte Lösung für das Laden zu Hause. Betrachten Sie den “Ladeziegel” als das, was er ist: ein Notrad für die Batterie. Nützlich, wenn man es braucht, aber nichts, womit man täglich fahren möchte.
