Das Ende des Verbrenners 2035: Was bedeutet das für Autofahrer?

Es ist eine der folgenreichsten politischen Entscheidungen für die individuelle Mobilität: Ab 2035 dürfen in der Europäischen Union keine neuen Pkw mehr zugelassen werden, die CO2 ausstoßen. Dieses Datum, oft als “Verbrenner-Verbot” bezeichnet, sorgt für immense Verunsicherung. Muss ich mein geliebtes Auto dann verschrotten? Wird es überhaupt noch Tankstellen geben? Und was passiert mit dem Wert meines heutigen Diesels oder Benziners? Wir bringen Klarheit in die Debatte, trennen die Fakten von den Mythen und erklären, was dieser historische Beschluss für Sie als Autofahrer wirklich bedeutet.

Was genau wurde beschlossen? Ein Verkaufsverbot, kein Fahrverbot

Der wichtigste Punkt zuerst: Das EU-Gesetz ist kein Fahrverbot. Es verbietet nicht den Betrieb von bereits zugelassenen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Es besagt lediglich, dass ab dem 1. Januar 2035 keine Neuwagen mehr verkauft werden dürfen, die im Betrieb CO2 emittieren.

Das bedeutet konkret:

  • Ihr aktueller Verbrenner: Sie können Ihr Auto so lange fahren, wie Sie möchten – auch weit über das Jahr 2035 hinaus.
  • Der Gebrauchtwagenmarkt: Der Handel mit gebrauchten Benzin- und Dieselfahrzeugen bleibt ebenfalls uneingeschränkt erlaubt.
  • Reparaturen und Ersatzteile: Die Versorgung mit Ersatzteilen und der Service für die Bestandsflotte werden über viele Jahre sichergestellt sein.

Das “E-Fuels-Hintertürchen”: Rettung für den Verbrenner?

Auf Druck unter anderem aus Deutschland wurde eine Ausnahmeregelung in das Gesetz aufgenommen: Theoretisch könnten auch nach 2035 noch Verbrenner neu zugelassen werden, wenn sie nachweislich ausschließlich mit CO2-neutralen, synthetischen Kraftstoffen (“E-Fuels”) betrieben werden.

Für den durchschnittlichen Autofahrer ist dies jedoch aller Voraussicht nach keine relevante Option. Die Gründe dafür sind rein physikalischer und ökonomischer Natur:

  1. Extrem ineffizient: Die Herstellung von E-Fuels ist ein sehr energieintensiver Prozess. Der “Well-to-Wheel”-Wirkungsgrad liegt bei nur 10-15%. Man benötigt also die 5- bis 6-fache Menge an erneuerbarem Strom, um ein E-Fuel-Auto zu betreiben, im Vergleich zu einem batterieelektrischen Auto.
  2. Extrem teuer: Aufgrund des hohen Energiebedarfs werden die Kosten für E-Fuels an der Tankstelle voraussichtlich bei 4, 5 oder sogar mehr Euro pro Liter liegen.
  3. Begrenzte Verfügbarkeit: Die knappen und teuren Mengen an E-Fuels werden dringend in Sektoren benötigt, die nicht einfach elektrifiziert werden können, wie dem Flug- und Schiffsverkehr sowie für den Betrieb der Bestandsflotte an Oldtimern.

Das E-Fuels-Hintertürchen ist also eher eine Nischenlösung für Liebhaberfahrzeuge und Supersportwagen, aber keine Alternative für den Massenmarkt.

Die wichtigsten Fragen für heutige Autofahrer beantwortet

1. Darf ich meinen Benziner/Diesel nach 2035 weiterfahren? Ja, uneingeschränkt. Das Gesetz betrifft nur Neuzulassungen.

2. Wird es noch Tankstellen geben? Ja. Im Jahr 2035 wird es immer noch Millionen von Bestandsfahrzeugen mit Verbrennungsmotor geben, die versorgt werden müssen. Das Tankstellennetz wird sich jedoch über die Zeit verkleinern und wandeln, mit einem größeren Fokus auf Schnellladeparks und ergänzenden Dienstleistungen.

3. Was passiert mit dem Wert meines aktuellen Verbrenners? Dies ist der kritischste Punkt. Der Wertverlust von Benzin- und Dieselfahrzeugen wird sich voraussichtlich beschleunigen, je näher das Jahr 2035 rückt. Besonders betroffen sein werden Modelle, die dann geltende Abgasnormen nicht mehr erfüllen oder von möglichen städtischen Fahrverboten betroffen sind.

4. Sollte ich 2026 noch einen neuen Verbrenner kaufen? Der Ingenieur-Kompromiss: Sie kaufen ein Fahrzeug der technologisch letzten Generation. Es wird über seine gesamte Lebensdauer funktionieren. Sie gehen aber ein erhebliches finanzielles Risiko ein, was den Wiederverkaufswert in den 2030er Jahren betrifft. Wer sein Auto “bis zum Ende” fährt, für den mag das eine Option sein. Wer auf einen stabilen Restwert angewiesen ist, für den ist der Kauf eines Verbrenners ab heute eine Wette mit ungewissem Ausgang.

Tipp von Alex Wind: Vergessen Sie nicht die Überprüfungsklausel. Die EU wird im Jahr 2026 die Fortschritte bewerten und prüfen, ob das Ziel angepasst werden muss. Eine komplette Rolle rückwärts ist angesichts der milliardenschweren Investitionen der gesamten Industrie in die Elektromobilität jedoch extrem unwahrscheinlich. Der Zug hat den Bahnhof bereits verlassen.

Fazit: Eine klare Richtung mit einer langen Übergangsphase

Das beschlossene Ende des Verbrennungsmotors im Neuwagenverkauf ab 2035 schafft vor allem eines: Planungssicherheit. Es zwingt Hersteller, Zulieferer und Energieversorger, den Wandel zur Elektromobilität konsequent voranzutreiben.

Für Sie als Autofahrer bedeutet es keine Enteignung oder ein abruptes Ende. Es ist der Beginn einer langen, über ein Jahrzehnt dauernden Übergangsphase. Niemand muss sein funktionierendes Auto verschrotten. Doch jede Kaufentscheidung, die ab heute getroffen wird, muss im Licht dieses finalen Datums bewertet werden. Die finanziell sicherere, technologisch modernere und ökologisch sinnvollere Wahl für einen Neuwagen ist angesichts dieser klaren politischen Weichenstellung eindeutig das batterieelektrische Fahrzeug.

Author: Alex Wind
Alex Wind ist Gründer von Voltfokus.de und Chefredakteur des Mediennetzwerks, zu dem auch HH-AUTO gehört. Als studierter Fahrzeugtechniker (FH Esslingen) mit Spezialisierung auf alternative Antriebe und Batterietechnologie bringt er über 10 Jahre Branchenerfahrung in seine Analysen ein. Bei Voltfokus.de teilt er seine Expertise in fundierten Tests, Ratgebern und technischen Berichten rund um die Elektromobilität.